Unser innerer Kritiker kann – richtig eingesetzt – ein echter Gamechanger sein.
Kennen Sie das? Sie führen ein wichtiges Gespräch bzw. haben eine große Aufgabe erledigt – und das Erste, was Ihnen danach in den Kopf schießt, ist: „Das hätte ich besser machen können!“ Bei größeren Herausforderungen quält der Gedanke: „Andere sind dafür sicherlich viel besser geeignet als ich.“ Es gibt im Privaten sowie im Beruf unzählige Beispiele dafür, wie wir es durch schonungslose Selbstkritik schaffen, uns klein zu machen.
Hauptakteur dabei ist unser innerer Kritiker: Er kann Zweifel säen, uns den Mut nehmen, Ängste schüren – aber, und das ist die gute Nachricht, er kann auch ein echter Gamechanger sein. Denn eigentlich hilft er uns, zu lernen und uns weiterzuentwickeln. Wichtig ist allerdings, ihn rechtzeitig zu stoppen, bevor er uns komplett ausbremst.
Unser innerer Kritiker ist wie ein Frühwarnsystem: Er macht uns auf Schwächen aufmerksam, zeigt uns, wo wir uns verbessern können, und bewahrt uns davor, unbedarft in schwierige Situationen zu geraten. Wenn er jedoch zu dominant wird, macht er uns Angst – und diese blockiert uns. Wie der Neurobiologe Gerald Hüther in „Wege aus der Angst“ beschreibt, kappt das Gefühl der Bedrohung den Zugang zu unseren Ressourcen und hindert uns daran, unser volles Potenzial zu entfalten.
Die Frage ist also: Wie können wir den inneren Kritiker so nutzen, dass er uns stärkt, anstatt uns herunterzuziehen?
1. Keine Angst vor einem „Scheitern“! Fehler sind Lernchancen – nutzen Sie sie
Niemand entwickelt sich weiter, wenn er nur in seiner Komfortzone bleibt. Fehler sind ein wichtiger Teil des Entwicklungsprozesses – das zeigen die Lebensgeschichten erfolgreicher Menschen immer wieder. Ein Scheitern oder Rückschläge sind oft der Ausgangspunkt für neue Wege und führen zu bedeutenden Fortschritten.
Doch die Fehler, vor denen wir uns fürchten, sind meist weit weniger dramatisch, als sie erscheinen. Es kann hilfreich sein, sich bewusst zu fragen: Was wäre im schlimmsten Fall? Häufig erkennen wir dann, dass es riskanter ist, eine Herausforderung gar nicht erst anzunehmen, als einen Fehler zu begehen.
Statt sich für „Fehler“ fertigzumachen, nehmen Sie diese als Hinweis darauf, was Sie beim nächsten Mal anders machen sollten. Sobald Sie einen Fehler als Lernchance betrachten, hat Ihr innerer Kritiker seinen Job erledigt – und Ihr Ressourcendenken kann übernehmen.
Fragen Sie sich:
– Was hat trotzdem gut funktioniert?
– Welche Ressourcen kann ich nutzen, um es in Zukunft besser zu schaffen?
2. Erkennen Sie Ihre Stärken – sie sind da!
Oft übersehen wir unsere eigenen Erfolge, weil wir nur auf unsere Fehler fokussiert sind. Dabei haben wir alle Momente erlebt, in denen wir eine schwierige Situation gut bewältigt haben. Nehmen Sie sich Zeit, darüber nachzudenken:
– Wann haben Sie eine ähnliche Herausforderung schon einmal souverän gemeistert?
– Welche Fähigkeiten und Stärken haben Sie damals genutzt?
Dazu ein Beispiel aus meiner Coaching-Praxis: Eine Klientin war lange Single und fühlte sich bei jedem Date enorm unter Druck, sich perfekt präsentieren zu müssen. Nach vielen Enttäuschungen, da sich meist keine weiteren Treffen ergaben, war ihr innerer Kritiker überzeugt: „Ich bin langweilig, uninteressant und einfach nicht beziehungsfähig.“
Selbstzweifel hatte sie auch in ihrem Job: Sie arbeitete unter Hochdruck, um Kunden möglichst schnell Ergebnisse zu liefern – doch oft waren diese unzufrieden, wodurch sie sich unfähig und ratlos fühlte.
Im Rahmen des Coachings erinnerte Sie sich an Situationen, in denen es privat sowie beruflich anders war – und erkannte, dass dies an einer wichtigen Stärke von ihr lag: Sie war eine hervorragende Zuhörerin. Wenn sie sich nicht auf ihre Ängste konzentrierte und stattdessen aufmerksam zuhörte, erzählte sie anderen Menschen das, was diese interessierte – wodurch sich gute Gespräche und Nähe entwickelten. Ihren größten beruflichen Erfolg hatte sie, als sie in einem Briefing die von ihrem Kunden vorgegebenen Projektschritte kritisch hinterfragte und durch gutes Zuhören erkannte, welche Ziele für ihren Kunden tatsächlich höchste Priorität hatten. Mit diesem Wissen erhielt das Projekt eine entscheidend andere und passende Richtung, wofür ihr Kunde große Anerkennung zeigte. Diese Erkenntnis motivierte sie, ihre Fähigkeit gut zuzuhören bewusst einzusetzen, und brachte eine wichtige Wende in ihrem Leben.
3. Probieren, reflektieren, feiern!
Am überzeugendsten ist es, wenn wir neue Lösungsansätze ausprobieren und erleben, dass sie im Alltag tatsächlich funktionieren. Entscheidend ist, offen für Veränderungen zu bleiben und bewusst wahrzunehmen, welche positiven Effekte eine neue Herangehensweise mit sich bringt. Nicht jeder Versuch wird erfolgreich sein – und das ist völlig normal. Doch einige Lösungsansätze, die sie im Alltag testen, werden sich als äußerst wertvoll erweisen.
Halten Sie jeden positiven Fortschritt fest und feiern Sie Ihre Erfolge! Denn wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen: Durch positive Erfahrungen entstehen neue Verbindungen im Gehirn, die Ihre ressourcenorientierte Denkweise langfristig stärken und Ihnen helfen, zukünftige Herausforderungen selbstbewusster anzugehen.